Hallo Frau Krolop, könnten Sie sich bitte in ein paar Sätzen kurz vorstellen:

Ich bin die Juli und gebürtige Brasilianerin. Mit 19 bin ich nach Deutschland gezogen, seit 2015 bin ich deutsche Staatsbürgerin, aber meine Seele ist bestimmt orientalisch! Humor, Neugier und Offenheit fehlen mir nicht!

Wo und wann haben Sie persönlich das erste Mal bewusst Demokratie erlebt?

Wenn ich zurück blicke, waren meine ersten Erfahrungen mit Demokratie schon in der 3. Klasse, als Klassensprecherin und später als Jugendleiterin in meiner Schule. Allerdings war mir der Zusammenhang zur Demokratie nicht bewusst. Erst später, kurz vor meinem 18. Geburtstag, als ich in Brasilien meinen Wähler*innen-Ausweis beantragen durfte, war mir mein demokratisches Handeln bewusst. Monate später durfte ich das erste und einzige Mal in Brasilien wählen. Gleich danach bin ich nach Deutschland gezogen.

Was motiviert Sie, sich für mehr demokratische Beteiligung einzusetzen?

Im Rahmen meiner Arbeit mit jungen Menschen bewundere ich deren Engagement und Neugier sehr. Ich begleite Kinder und Jugendliche bei der Entdeckung so vieler Fähigkeiten und motiviere sie, die Gesellschaft mitzugestalten.
Zu sehen, wie Kinder und Jugendliche verstehen, dass sie auch etwas verändern können, ist einer der schönsten Erfahrungen, die ich gemacht habe.
Privat liegt meine Motivation viel mehr in der Chancengleichheit und Offenheit. Ich wünsche mir eine Welt, in der Unterschiede geschätzt und gefeiert werden und unsere Vielfalt als Schatz gesehen wird.

Was bedeutet für Sie Demokratie? Wie definieren Sie Demokratie?

Demokratie ist eine Lebenseinstellung. Demokratie bedeutet, seine Rechte zu kennen und Verantwortung für Dich und deinen Nächsten zu übernehmen. Demokratie ist zu hinterfragen und mitgestalten zu wollen. Demokratische Werte bedeuten für mich vor allem, das Große und Ganze im Blick zu haben und an die Gesellschaft zu denken.

J. Krolop (rechts) mit der deutsch-jüdischen KZ-Überlebenden Esther Bejarano

Welche demokratische Verantwortung trägt Ihr Jugendring?

Der KJR Dachau hat gemeinsam mit dem Landratsamt Dachau die Partnerschaft für Demokratie gegründet. Er ist Mitglied des Runden Tisches gegen Rassismus, gestaltet den Jugendkreistag mit, begleitet das Dachauer Schüler*innen Büro und viele der Jugendräte im Landkreis. Das Konzept der Gemeindejugendarbeit ist auf Beteiligung und Partizipation ausgerichtet. Das Modellprojekt Demokratische Schule unterstützt Schulen in der demokratischen Öffnung, und das schon ab der Grundschule. Hier erfahren Kinder und Jugendliche Partizipationsmöglichkeiten in der schulischen Ebene, wie bei dem Klassenrat, SMV und Schulversammlung.

Wie lebt Ihr Jugendring Demokratie intern? Wie ist Ihr Jugendring demokratisch strukturiert?

Ich habe während der Pandemie bei dem KJR angefangen. So wie ich es bis jetzt  erlebt habe, wird vieles im Beteiligungsteam (in dem Vertreter aller Bereiche sind) entschieden und dann an den Vorstand weitergegeben. Strukturelle Änderungen werden in der Vollversammlung abgestimmt.

Wie erreichen Sie möglichst alle Kinder und Jugendliche? Was ist wichtig, damit sich viele Jugendliche für unsere Gesellschaft, Vielfalt und Demokratie engagieren?

Meine Antwort ist hier sehr parteiisch! Durch das Modellprojekt Demokratische Schule haben wir die Chance, (alle) viele Jugendliche zu erreichen. Indem Modelle für, mit und in Schulen entwickelt und durchgeführt werden. Da in Deutschland (beinah) alle Kinder und Jugendliche zur Schule gehen (müssen), können wir viele erreichen. Partizipation in (Grund-) Schulen erfahrbar zu machen, ist sehr empowernd. Letztendlich verändert das Modellprojekt die Schule. Und wer Schule verändert, verändert auch die Gesellschaft.

Wie werden Jugendliche an Demokratie und Vielfalt herangeführt?

Ich glaube hier sind sehr viele Faktoren wichtig. Elternhaus, schulischer Werdegang, Freundeskreis, Zugänge zu Informationen (oder Desinformationen), sozialer Status und vieles mehr. Daher ist es sehr wichtig, jugendgerechte Angebote und Räume zur Verfügung zu stellen. Um hier deren Meinungen und Wissen überprüfen zu können, diskutieren zu können und sich mit unterschiedlichen Menschen, Meinungen und Geschichten auseinandersetzen zu können. Das ist sehr wichtig. Sie lernen, indem sie  diskutieren, zuhören und Meinungsvertreten üben.
Information und Desinformation spielt hier auch eine große Rolle. Denn heutzutage sind(Des-)Informationen sehr leicht zugänglich. Komplexe Themen werden oft sehr stark verkürzt, einfach und schnell dargestellt. Das ist gefährlich. Daher ist auch hier wichtig, dass Jugendliche fähig sind, sich zu informieren, denn nur so kann man sich eine Meinung bilden.

Wenn es ein allgemeines Demokratisches Manifest geben würde, welche drei Punkte sollten unbedingt enthalten sein und was sollte auf keinem Fall drinstehen?

Gleichheit der politischen Partizipationsmöglichkeiten.
Kinderrechte sind Menschenrechte und sollen als Solche behandelt werden.
Die Allgemeinerklärung der Menschenrechte sind der "Rahmen" aller demokratischen Werte. Menschenverachtung, Minderheiten "ausschließen" oder Ähnliches dürfen nicht als "demokratisch" gelten.

Zusammenfassend: Was ist Ihr Statement zur Demokratie und Partizipation?

Demokratie ist ein Wertesystem. Hier sind wir alle gefragt unser gesellschaftliches Miteinander zu gestalten, zu verbessern und zu schützen. Es liegt in unseren Händen!